ellipse heißt in der geometrie jene runde form, die anders als der kreis über zwei mittelpunkte verfügt, eine figur mit quasi polarer innenspannung

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Choreographed adaption: 鳥の踊 (Bird Dance)
Performance by Rie Nishimura
Brighton and Rockaway Beach, Brooklyn, April 2012
Camera/Edit/Bird Controller: Chaz Ganster
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notes


Dass ein Konzert Neues bietet, entspricht guter klassischer Tradition. Zu Haydns und Mozarts Zeit hätte kaum ein Veranstalter gewagt, ein Programm ohne „Novitäten“ vorzusehen. So wurden Komponisten vor Ort gefordert und gefördert. Das Stück, das heute zum ersten Mal öffentlich erklingt, schrieb ein Musiker aus Ludwigshafen. Friedrich Heinrich Kern erhielt seinen ersten Klavierunterricht im Alter von fünf Jahren, später kamen außerdem die Instrumente Orgel und Posaune hinzu. Er war Jungstudent bei Rudolf Meister im Fach Klavier und studierte danach an der Musikhochschule Mannheim in der Klasse Rudolf Meister/Ok-hi Lee. Komposition studierte er zunächst bei Ernst Bechert, danach vertiefte er seine Studien in der Kompositionsklasse von Ulrich Leyendecker in Mannheim Er kann in seinen jungen Jahren beachtliche internationale Erfolge vorweisen: 2006 Stipendiat an der Universität in Seoul, in dieser Saison konzentriert er sein Leben und Wirken auf Connecticut, den amerikanischen Bundesstaat, der nicht nur über bedeutende musikalische Traditionen, sondern auch über innovatorische Potenziale verfügt. „Ellipses“ nannte er sein Werk für Violine und Klavier. Ellipse heißt in der Geometrie jene runde Form, die anders als der Kreis über zwei Mittelpunkte verfügt, eine Figur mit quasi polarer Innenspannung. In Sprache und Rhetorik bezeichnet man damit die Kunst der Auslassungen, „das Weglassen eines Wortes, das aus dem Zusammenhang ergänzt werden muss. Sie ist bedingt durch den Affekt des Sprechenden oder durch den Nachdruck, den man durch Kürze erreichen will“, erläutert Brockhaus´ Konversationslexikon. Beide Bedeutungen finden sich, in musikalisches Denken übersetzt, in Friedrich Heinrich Kerns neuem Werk wieder. Das musikalische Material konzentriert sich in zwei Brennpunkten, sei werden gleich zu Beginn vorgestellt. Einem kurzem melodischen Motiv der Violine antwortet ein Rhythmus, der sich erst beschleunigt, dann verlangsamt. Beide Instrumente spielen ihn, das Klavier durch Dämpfung fast paukenartig. Den Gegensatz dazu bildet eine virtuos aufsteigende Passage der Violine. Was nun folgt, bringen die drei Elemente – ruhiges Melos, Rhythmus und rasche Geste – in ganz unterschiedliche Konstellationen. Bald bestimmt das eine das Geschehen, bald das andere. Sie verschmelzen miteinander zu neuer Gestalt oder geraten an den Rand der Auflösung. Kurz nach der Mitte des Stückes scheint die Musik zu erstarren. Ereignisse verdichten sich bisweilen in einer Tonlage, streben dann wieder so weit auseinander, dass zwischen äußerster Höhe und Tiefe keine versöhnende Mitte entsteht. Die Form erscheint als eine Folge spiralartig-elliptischer Umläufe, die immer neue Ansichten des Grundmaterials bieten. Den letzten, getragen vom langsam pochenden Rhythmus in der Tiefe, unterbricht ein hohes, gläsernes Klangbild. Das Stück explodiert am Ende in extreme Lagen.

Habakuk Traber, 2007


premiere


2007
BASF, Ludwigshafen, Germany
Stefan Tarara, violin
Jascha Nemtsov, piano


details


Instrumentation
Violin
Piano

Duration
7:00

Score and Parts
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Perusal Score Available

Publisher
syncron-arts GmbH